Hallo!

Ein Thread für persönliche Favoriten, Geheimtipps, teilweise Unbekanntes. Durch die Rothmannbesprechung angeregt möchte ich hier explizit auf einen Autor hinweisen, dessen Beschreibung der Arbeiterwelt seinesgleichen sucht: Gernot Wolfgruber. Den österreichischen Forumsmitglieder möglicherweise bekannt, weil aber sein letztes Buch bereits vor etwa einem Vierteljahrhundert erschienen ist, vielleicht auch nur mehr noch als Name ein Begriff. Ich bin relativ spät (durch die Anregung eines Freundes) auf ihn gestoßen und war beeindruckt, begeistert.

Sein bekanntester Roman "Herrenjahre" wurde von Axel Corti verfilmt, der Film hochgelobt - zu Unrecht wie ich meine. Denn die für den Roman alles entscheidende Sprache wurde grausam verhunzt: Eine fürchterliche Mischung aus Hochsprache und Dialekt, nirgendwo gesprochen, unnatürlich, gekünstelt. Ein Arbeiter aus Oberösterreich, dem ein wienerisches Schnöseldeutsch zwecks Verständlichkeit im gesamten deutschen Sprachraum verpasst wurde, eine einzige Katastrophe. (Dieser Film war der Grund, weshalb ich Wolfgruber mich zu lesen lange weigerte.) Der Roman hingegen ein sprachliches Meisterstück: Von großer Eindringlichkeit, mit brillianten inneren Monologen. Bis auf "Die Nähe der Sonne" kenne ich alles und kann nur jedem nahelegen, dem Autor eine Chance zu geben.

Liebe Grüße

orzifar

dora>Ich sag nur immer wieder: Friedo Lampe!

Dieser Hinweis kommt zu spät und würde besser in "Gerade am Lesen" passen War wohl eine verquere Art der Gedankenübertragung.

lg

orzifar

Hallo!

Auch ein relativ unbekannter, stilistisch eigenwilliger, aber sehr lesenswerter Autor: Albert Drach. Zwei Bücher seien erwähnt (seine autobiographischen Schriften sind hingegen nichts Besonderes): "Untersuchung an Mädeln" und "Das große Protokoll gegen Zwetschkenbaum". Er bedient sich eines sehr eigenwilligen, der Juristerei entlehnten Stils (war im Zivilberuf Anwalt), der aber nach kurzer Eingewöhnung einen faszinierenden Reiz ausübt. Erst mit über 80 Jahren wurde er einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, erhielt mit 86 den Büchnerpreis. Die beiden erwähnten Romane sind in jedem Fall des Lesens wert.

lg

orzifar